Und nun?
Fassen wir kurz die wesentlichen Schritte zusammen, die wir uns in diesem Tutorial näher angeschaut haben:
- Zunächst haben wir eine Fragestellung formuliert und sie korpuslinguistisch operationalisiert.
- Wir haben Daten erhoben, indem wir im DWDS-Kernkorpus nach den beiden Wortformen, die uns interessieren, gesucht haben.
- Wir haben diese Daten exportiert und haben gesehen, wie man sie in ein Tabellenkalkulationsprogramm einliest.
- Anschließend haben wir die Daten mit grammatischen und semantischen Annotationen versehen.
- Zuletzt haben wir die Daten ausgewertet und visualisiert.
Interpretation und Einordnung
Fangen wir mit dem ersten Punkt an, der Interpretation: In unseren Daten wird vorprogrammiert ausschließlich im metaphorischen Sinn verwendet und nur dann, wenn auf Resultate Bezug genommen wird. Das untermauert unsere Annahme, dass vorpgrogrammiert gegenüber programmiert eine bestimmte semantische Nische einnimmt (wenngleich es in dieser Nische durchaus stark mit der Variante ohne die Partikel vor- konkurriert). Auch werden Sie sich gefragt haben, ob denn das hier durchgearbeitete Beispiel wirklich Stoff für z.B. eine ganze Seminararbeit bietet, wo wir doch am Ende der langwierigen Korpusrecherche nicht viel mehr bekommen haben als ein relativ simples Balkendiagramm. (Formulieren Sie diesen Satz gerne etwas griffiger, damit Sie ihn sich auf ein T-Shirt drucken lassen können.)
Auch wenn das hier besprochene Beispiel durchaus noch ausbaufähig ist (siehe Methodenkritik), bietet es sicherlich doch genug Stoff für eine gute Hausarbeit, sofern man die Korpusanalyse in eine gute theoretische Diskussion einbettet und die hier vorgenommene quantitative Analyse vielleicht noch durch die qualitative Analyse von Einzelbelegen ergänzt. Das könnte zum Beispiel so aussehen, dass man sich zunächst in einem Theorieteil mit der semantischen Entwicklung von (nahe-)synonymen Wörtern befasst und dann am Beispiel von (vor)programmiert der Frage nachgeht, ob die Varianten mit und ohne Partikel unterschiedlich gebraucht werden, also unterschiedliche semantische “Nischen” ausfüllen. In einem Methodenteil kann man dann die Annotationskriterien offenlegen, ggf. Problemfälle schildern und aufzeigen, wie sie gelöst wurden. Hier kann man auch schon die Grenzen des gewählten Vorgehens ansprechen, auf die wir im nächsten Abschnitt noch näher eingehen werden. Es folgen die quantitative Analyse und die Diskussion der Ergebnisse vor dem Hintergrund der Forschungsfrage, die gerne mit der qualitativen Analyse von Korpusbelegen gespickt sein darf. In einem Schlussteil werden dann die Ergebnisse zusammengefasst, und es werden Desiderata für zukünftige Forschungen aufgezeigt – ein Punkt, auf den wir ebenfalls im nächsten Abschnitt noch eingehen werden.
Methodenkritik und offene Fragen
Das führt uns zur Methodenkritik: Wie belastbar sind unsere Ergebnisse? Hier ist als möglicherweise problematischer Punkt zunächst die Stichprobengröße zu nennen. Im DWDS-Kernkorpus haben wir gerade einmal 88 Treffer gefunden, von denen nur rund 50 die prädikative Verwendung instanziieren, die uns interessiert. Insofern wäre zu fragen, ob wir möglicherweise besser ein anderes Korpus wählen sollten.
Über die Methodenkritik hinaus können wir natürlich auch Desiderata formulieren, also fragen, in welche Richtung wir weiterforschen können. So haben wir uns in unserem Beispiel auf prädikative Verwendungen von (vor)programmiert beschränkt. Das war eine sinnvolle und gut begründbare Vorentscheidung, um den Skopus der Untersuchung einzugrenzen, und deshalb nichts, was wir im Rahmen der Methodenkritik hinterfragen sollten. Gleichwohl können wir die Frage stellen, wie sich wohl die flektierten Formen von (vor)programmieren verhalten und ob sich ähnliche Tendenzen auch hier aufzeigen lassen.
Es bietet sich immer an, eine Arbeit mit solchen Desiderata abzuschließen, denn keine Forschungsfrage ist je vollständig beantwortet, und jede (Teil-)Antwort wirft nahezu zwangsläufig neue Fragen auf.
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